Materia
Marteria bleibt. Irgendwann im späten ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends ist die Goldgräberstimmung im deutschsprachigen Rap endgültig vorbei. Jahrelang war lieblos zusammengestümperter Kram in die Charts gehievt worden, dazu gründete man dann Zeitschriften, Festivals und Awards – und jeder Hobbygangster hielt sich für einen Geschäftsmann, weil er ein Label hatte. Die Labels gingen dann reihenweise insolvent, die Rapper gaben sich so unverbesserlich wie Politiker nach einer deutlichen Wahlniederlage. Ein paar konnten sich irgendwie halten, die meisten nicht, und nur, wer besondere Qualitäten besaß, war in der Lage, sich neu zu etablieren. Marteria halt.
Der Rostocker heißt eigentlich Marten Laciny und hat ein Ohr für Qualität, ein Gefühl für Sprache, ein Händchen für die Leute, mit denen er sich abgibt und hätte die Musik nicht nötig, wenn sie nicht seine Leidenschaft wäre. Marteria hat unter Hrubesch in der U17-Nationalelf gespielt, er war Model für Hugo Boss und Valentino und ist ein ausgebildeter Schauspieler. Musik macht er, weil er Musik auch machen kann. Wenn er mal was zu kiffen gekauft hat, muss er das trotzdem nicht in seine Biografie schreiben.
Außerdem fehlt Marteria die reaktionäre Scheißhaltung vieler seiner Kollegen, Marteria hat Stil und er hat die Vertrauten und Förderer, die man sich für ihn nur wünschen kann. Und Marteria hat die Welt gesehen. Inzwischen wohnt er in Berlin (wo sonst?) und blickt auf eine lange Musikerkarriere zurück. Schon in Lichtenhagen hat er Musik gemacht, die Schauspielschule hat er mit Musik bestanden und dass er durchschaut hat, was für ein Elend die Modeindustrie ist, liegt vermutlich auch an seiner Musik.
Er ist bereits eine Weile unter verschiedenen Namen unterwegs, von Marteria ist das erste Album „Base Ventura“, kommt 2007 auf den Markt, er tourt mit Jan Delay, Sido, Samy Deluxe und Peter Fox. Bei der Fanta-4-Gründung Four Music unterschreibt er seinen ersten Plattenvertrag.
Im Sommer 2010 veröffentlicht Marteria „Zum Glück in die Zukunft“, sein Fingerzeig und die Enterung der Top 10 in Deutschland. So kann es, so soll es weitergehen.